Immer wieder hört man in der Beratungspraxis, Unfallversicherung brauch ich nicht. Ich zahle ja ohnehin in die gesetzliche Sozialversicherung ein und bin Mitglied beim ÖAMTC (oder Alpenverein).
Ja, das mag schon stimmen und für gewisse Leistungen ist man unter Umständen sogar doppelt versichert, aber…
1.) Die gesetzliche Unfallversicherung leistet nur bei Arbeitsunfällen
Die gesetzliche Unfallversicherung leistet bei Unfällen bei der Arbeit und am direkten Weg zur Arbeit und von der Arbeit wieder nach Hause. Auch die sogenannten Berufskrankheiten sind von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst. Zu Hause beim Aufhängen der Vorhänge von der Leiter gefallen? Im Badezimmer ausgerutscht? Beim Radfahren in der Freizeit gestürzt? Diese Unfälle sind nicht über die gesetzliche Unfallversicherung versichert.
Zwar wird die Behandlung beim Arzt oder im Krankenhaus von der Krankenversicherung bezahlt, aber über die Erstversorgung hinausgehende Therapien nicht. Die Krankenversicherung folgt dem Grundsatz der „ausreichenden und zweckmäßigen“ Behandlung. Mit anderen Worten, was notwendig ist, wird bezahlt, Folgeschäden aber nicht. Das gilt auch für Kinder. Sie sind im Kindergarten oder in der Schule bzw. auf dem Weg dorthin und auf dem Heimweg versichert. Passiert ein Unfall in der Freizeit, greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht.
2.) Arbeitsunfall ist nicht gleich Arbeitsunfall
Auch wenn man oft glaubt, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt, gab es in der Vergangenheit OGH-Entscheidungen, die einen aufhorchen lassen.
Arztwege im Krankenstand fallen nicht unter den gesetzlichen Versicherungsschutz, auch dann nicht, wenn der Arztbesuch aus einem vergangenen Arbeitsunfall resultiert.
Kein Versicherungsschutz bei Betriebsausflügen. Kein Versicherungsschutz bei Vorbereitung auf einen neuen Job. Kein Versicherungsschutz bei Unfall am Arbeitsweg, wenn nicht der direkte Weg nach Hause bzw. zur Arbeit gewählt wurde. Dies Liste ließe sich noch einige Zeit weiterführen. Also besser auf Nummer sichergehen und eine private Unfallversicherung abschließen, als sich auf sein Glück im Lotteriespiel „Arbeitsunfall oder nicht“ verlassen.
3.) Die gesetzliche Versehrtenrente nach einem Arbeitsunfall reicht meist nicht aus
Auch wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelt und die gesetzliche Unfallversicherung leistet, so ist die Höhe der Leistungen oft nicht ausreichend, um einen entsprechenden Lebensstil aufrecht erhalten zu können bzw. die höheren Kosten und Einkommenseinbußen auszugleichen.
Die Versehrtenrente wird solange geleistet, solange eine Erwerbsminderung des Versicherten festgestellt wird. Bei 100%iger Erwerbsfähigkeit bekommt der Versicherte zwei Drittel der Bemessungsgrundlage (Bruttojahresgehalt des letzten Jahres) ausbezahlt, bei Teilerwerbsunfähigkeit erhält der Versicherte den aliquoten Anteil der Vollrente (min 20% Minderung der Erwerbsfähigkeit nötig). Achtung: Selbstständige, Bauern haben einen fixe Bemessungsgrundlage, welche freiwillig gegen Mehrprämie erhöht werden kann. Dasselbe gilt für Schüler und Studenten.
4.) Hausfrauen, Pensionisten, Kleinkinder sind nicht versichert
Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung werden einzig und alleine vom Dienstgeber entrichtet. Und genau solcher fehlt diesen drei Personengruppen.
Fazit: Es braucht eine private Unfallversicherung, um Deckungslücken der gesetzlichen Unfallversicherung zu schließen. Gewisse Bausteine wie Rückhol- oder Bergungskosten mögen bereits ausreichend versichert sein, doch grundsätzlich muss eine private Unfallversicherung auf die Sicherung der Existenz abzielen. Schwere Unfälle und daraus resultierende körperlichen Einschränkungen können zum einen erhebliche Kosten und zum anderen erhebliche Einkommensverluste in der Zukunft nach sich ziehen. Um diese existenzgefährdenden Folgen des Unfalls abzufedern, ist eine gute private Unfallversicherung unerlässlich.