Was ist grobe Fahrlässigkeit überhaupt?
Eine gute Definition ist: Grob fahrlässig ist ein Verhalten, wenn der Fehler einem ordentlichen Menschen in derselben Situation keinesfalls unterlaufen würde. Die Abgrenzung zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit ist in der Praxis aber äußerst schwierig und kann oftmals erst vor Gericht definitiv beurteilt werden.
Beispiele aus der Praxis:
Eigenheim- bzw. Haushaltsversicherung:
1. Das Paradebeispiel der groben Fahrlässigkeit ist die Pfanne mit Öl, die auf dem Herd vergessen wird und Feuer fängt.
2. Aufgrund einer nicht ordentlich ausgedämpften Zigarette im Müll wird ein Brand ausgelöst.
3. Brennende Kerzen werden vor dem Verlassen des Hauses nicht ausgelöscht und es entsteht dadurch ein Brand.
4. Waschmaschine wäscht alleine zu Hause und ein undichter Schlauch verursacht einen Wasserschaden
Kaskoversicherung KFZ:
5. Überfahren einer Stopp-Tafel mit überhöhter Geschwindigkeit
6. Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit auf nasser Fahrbahn (z.B. 130km/h statt den erlaubten 80km/h)
7. Unachtsamkeit, wie etwa: Handy fällt von der Mittelkonsole, FahrerIn greift danach. Aufheben einer Zigarette während der Fahrt. FahrerIn dreht sich um, um etwas auf den Rücksitz zu legen
8. Überholen einer Fahrzeugkolonne vor einer unübersichtlichen Fahrbahnkuppe
9. Abstellen des Kfz ohne Handbremse und eingelegtem Gang auf abschüssigem Weg
10. Beförderung eines ungesicherten Hundes, der den Fahrer/die Fahrerin ablenkt
11. Einfahrt in Parkhaus mit geringer Durchfahrtshöhe, obwohl die Höhe mehrmals deutlich angezeigt bzw. beschildert ist
All diese Beispiele und viele weitere können im Schadensfall als grob fahrlässiges Verhalten ausgelegt werden.
Was kann ich tun um mich abzusichern?
Die meisten Versicherungen haben bereits standardmäßig grob fahrlässiges Verhalten zumindest bis zu einem eingeschränkten Betrag versichert. Beim Abschluss einer Haushalts- bzw. Eigenheimversicherung sollte jedenfalls darauf geachtet werden, dass die Deckungserweiterung grobe Fahrlässigkeit zu 100% gedeckt ist. Bei den meisten Versicherern ist das mit einem kleinen Zuschlag problemlos möglich.
Achtung:
Grobe Fahrlässigkeit ist nicht gleich Obliegenheitsverletzung!
Der Einschluss von grober Fahrlässigkeit in Ihre Polizze bedeutet nicht, dass Sie Ihre Obliegenheiten nicht weiterhin erfüllen müssen. Unter Obliegenheiten versteht man die Verpflichtungen des Versicherungsnehmers, die er bereits bei Abschluss des Vertrages eingeht – und von der Erfüllung einer Obliegenheit hängt auch der Versicherungsschutz ab. Allen voran ist es eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers ehrliche Angaben zu machen. Es gibt jedoch auch Obliegenheiten, die das Schadenrisiko minimieren sollen, zum Beispiel die Obliegenheit, vorhandene Sicherheitsvorkehrungen zu nutzen. Soll heißen: Verlassen Sie Ihre Wohnung ohne abzusperren und es kommt zu einem Einbruch, mag das grob fahrlässig sein, doch Ihre Versicherung wird trotz des Einschlusses der groben Fahrlässigkeit die Zahlung verweigern, weil Sie Ihrer Verpflichtung, die Wohnung möglichst einbruchsicher zu machen, nicht nachgekommen sind. Damit haben Sie eine Obliegenheit des Vertrages verletzt und die Leistungsfreiheit der Versicherung herbeigeführt. Eine weitere Obliegenheit wäre zB den Hauptwasserhahn abzudrehen, wenn das Haus länger als 72 Stunden am Stück verlassen wird. Kommt es bei Abwesenheit zu einem Wasserschaden, könnte es aufgrund der Obliegenheitsverletzung zur Leistungsfreiheit des Versicherers kommen.